Disclaimer: Der folgende Text kann Spuren von Frustration enthalten 🙂
Aktuell ist das Thema BYOD hip: Man spricht davon, findet es toll, müsste es mal machen! Wir versprechen uns Großes – wie überhaupt die Digitalisierung Chancen bietet und Grenzen überwindet. Lernen neu entdecken! Lernen ent-institutionalisieren! Schule anders denken.
Leider haben sich bisher – bis auf wenig Ausnahmen – die Bedingungen von Schule in den letzten 10 Jahren, in denen ich den Diskus verfolge, nicht bzw. kaum geändert. Wir haben weiterhin überwiegend Handy-Verbote an den Schulen, Unterricht ist in Einheiten von 45-60 Minuten verpackt, Schulbücher sind das wichtigste Medium und Schule geht weiterhin von 8-15.30 h. Ausnahmen bestätigen die Regel. #SNAFU
Und jetzt BYOD. Ich vermute, dass auch das Thema BYOD hier in seinen Idealen mehr oder weniger scheitern wird – und hoffe natürlich das Gegenteil!
Lehrende haben aus ihrer Profession heraus ein großes Kontrollbedürfnis. Sie wollen den Lernprozess so fein es geht begleiten, den Schüler bei allen seinen Aktivitäten beobachten und „coachen“. Denn – so die Erfahrung – ohne Kontrolle tun die Schüler nichts oder nur Dinge, die nicht „wichtig“ sind (Wichtig ist, was der Lehrende vorher als Aufgabe gegeben hat).
Der Lehrende möchte gerne aus (s)einer guten Absicht heraus die Schüler_innen beobachten. Daher auch die Form der an vielen Schulen installierten Computerräume, bei denen die Computer alle an den Wänden stehen, damit man von Innen alles beobachten kann. Oder wenn nicht so, dann zumindest Computer-Inseln, die man leise umschleichen kann. Und natürlich gibt es noch die Software, die alle Computerbildschirme beim Lehrer auf dem Pult abbildet, sodass er sich jederzeit ein Bild machen kann, wer gerade was tut (oder nicht tut).
Soweit normal. Soweit so trist.
Aber mit BYOD steht jetzt eine neue Herausforderung vor der Türe:
Die Einen hoffen, dass damit endlich Lernen an allen Orten Wirklichkeit wird. Schüler_innen können ihre eigenen digitalen Lernwerkzeuge mitbringen, ihr PLE pflegen und die Informationsverarbeitung in der Schule mit der im „echten Leben“ verbinden. Neue Chancen, neue Möglichkeiten Grenzen aufzubrechen und das Lernen aus der Instituten „Schule“ heraus zu lösen.
Die Anderen werden die pragmatischen Fragen stellen: Wie kontrolliere ich, was die Schüler_innen machen? Es muss natürlich eine Möglichkeit geben, dass man die Geräte auch mal sperrt, damit man eine Ansage machen kann. Welche Software muss installiert sein – und wo gibt es die Fortbildung für Lehrende? Welche Software darf in der Schule genutzt werden – und wie kontrolliere ich das? WhatsApp & Co. gehen natürlich nicht – was tun wir dagegen?
Aktuell befindet sich die Diskussion um BYOD noch in einer hippen Hipster-Nerd Ecke. Nur die, die Bock auf diesen Diskurs haben, beteiligen sich daran. Man bestärkt sich in den Chancen, entwickelt Pläne und träumt von Veränderungen. Schöne Echokammern entstehen da. Ich mag das, wirklich.
Aber irgendwann wird das Thema aus dieser Ecke heraus kommen. Und dann kommen die Fragen. Dann kommt auch das Kontrollbedürfnis, von dem sich die meisten, die bisher über BYOD gesprochen haben, befreien wollten. Dann kommt die Frage der Kontrolle zurück. Und wird dominant. Weil nur mit einer möglichen Kontrolle die kritische Mehrheit überzeugt werden kann, dass es geht. Dass ‚Veränderung‘ möglich ist.
Oder?